Die Pferde der Samurai
In der Frühzeit des japanischen Rittertums waren die Pferde relativ klein und nicht besonders schnell, aber sehr robust und in der Lage,
schwer gerüstete Reiter über weite Strecken zu tragen.
Bis zur Einführung von Kavallerie-Einheiten, war es ein Privileg der höherrangigen Samurai, auf einem Pferd in die Schlacht zu reiten.
Ein Reitpferd war sehr teuer und die Haltung aufwendig. Gute Kriegspferde waren sehr begehrt.
Das Kriegspferd musste, wie der Reiter selbst, eine strenge Ausbildung absolvieren. Es hatte viele Kommandos zu erlernen und durfte im Schlachtenlärm nicht in Panik geraten.
Bevorzugt wurden im Kampf Hengste eingesetzt.
Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Samurai in überwiegender Mehrheit zu Fuss unterwegs waren und die Schlachtfelder meist von
Fußsoldaten beherrscht wurden.
Als Wiege der japanischen Pferdezucht gilt die
Kanto-Ebene.
Hervorragende Reitpferde kamen beispielsweise aus
Sendai, dem Hauptsitz des
Date-Clans, aus der Region
Kai, und aus
Nambu.
Bekannt und gefürchtet für seine schlagkräftige Kavallerie, war der aus
Kai stammende
Takeda-Clan.
Die Europäer brachten nicht nur neuartige Waffen und begehrte Luxusgüter nach Japan, auch einige Pferde wurden mitgebracht.
Unter anderem brachten holländische Händler Pferde nach Japan.
Die Samurai waren so beeindruckt von den, für ihre Verhältnisse, riesenhaften europäischen Rössern, dass es nicht lange dauert,
bis diese in Japan gezüchtet und mit japanischen Pferden gekreuzt wurden.
Der Ursprung der japanischen Pferde
Knochenfunde aus der
Yayoi-Zeit lassen darauf schließen, dass die ersten Reit- und Arbeits-Pferde einem mittelwuchsigen Typus angehörten,
der mit dem heutigen
Kiso-,
Misaki- und
Hokkaido-Pferd, sowie mit dem mongolischen Pferd verwandt ist.
Belege für die Verwendung als Reittier sind erst aus der
Kofun-Zeit bekannt. Archäologische Funde, wie Pferdegeschirre, waren
technisch bereits so ausgereift, dass sie wohl stark vom Festland beeinflusst waren, wo man schon viele Jahrhunderte zuvor Pferde
zum Reiten benutzte.
Als Korea um das Jahr 363 n.Chr. erobert wurde, brachte man unter anderem Pferde als Tributgeschenke an den japanischen
Kaiserhof. Am Hofe des
Mommu-tenno ( 697 n.Chr ) und der nachfolgenden Kaiser, förderte man die Pferdezucht im größeren Umfang.
Es entstanden sowohl staatliche, als auch private Gestüte in
Suruga, Sagami, Shimosa, Musashi, Awa, Kazusa, Hitachi
und vielen anderen Provinzen.
Pferdezucht wurde ein lohnendes Geschäft. Staatlich geregelt wurde nicht nur die Anzahl der Pferde für die
militärische Verwendung, auch die zivile Nutzung wurde durch allerlei Verordnungen bestimmt.
Bajutsu - Die Kunst zu Reiten
Der Begriff Reitkunst,
Bajutsu, umfaßte nicht nur die Beherrschung von Bewegungen des Pferdes wie Galopp und Springen,
sondern auch den Umgang mit dem Tier auf dem Schlachtfeld, der Kampf mit verschiedenen Waffen vom Pferd aus, Reiten in Formationen,
sowie das Überwinden von Hindernissen und Sperranlagen. Ein gut trainiertes Pferd, sollte auf Kommando mit den Hufen ausschlagen können
und damit mögliche Angreifer auf Abstand halten.
Ebenso wichtig war es, das Pferd auch ohne Zügel sicher zu lenken, so dass man beide Hände für Speer oder Bogen frei hatte.
Auf dem Pferd Flüsse und Furten zu durchqueren und auch aus dieser Position zu kämpfen, wurde als
Sui-Bajutsu
( Wasser-Pferdekunst ) gelehrt.
Das
Kyubajutsu, das Bogenschießen zu Pferde, war eine angesehene Kriegs-Kunst und wird noch heute als ein sportlich-ritueller Wettkampf,
Yabusame genannt, ausgeübt. Beim
Yabusame reitet der Schütze eine absteckte Strecke im vollem Galopp und versucht
dabei mit drei Pfeilen, drei 30cm große Ziele zu treffen.
Schon seit der
Yamato-Zeit führten die Krieger den Bogen vom Pferd aus, so dass die
Yabusame-Schulen
mit zu den ältesten Kampfsystemen gehören.
Ebenfalls als sportlicher Reiter-Wettkampf, wurde eine Art Hundejagd betrieben.
In einem eingezäunten Bereich wurde versucht, mit möglichst wenig Pfeilen, möglichst viele Hunde zu erlegen.
Die Hundejagd gab es auch in einer nicht tödlichen Variante mit stumpfen Pfeilen.
Neben solchen recht grausamen Spielen waren zum Beispiel Pferderennen als Wettstreit und zum Training junger Krieger
sehr beliebt.
Das Pferd in der Schlacht
Die frühen Schlachten der Samurai waren weitgehend Duelle weniger berittener, hochrangiger
Bushi. Als Begleitung und Unterstützung
hatten sie eine handvoll Fußsoldaten dabei, die aber eher indirekt am eigentlichen Kampfgeschehen beteiligt waren.
Erst nach den Mongoleneinfällen, am Ende des 13. Jahrhunderts, entwickelten sich mehr und mehr eigenständige Truppenteile
mit unterschiedlicher Bewaffnung.
Auf dem Schlachtfeld spielte das Pferd nicht nur wegen seiner Schnelligkeit eine entscheidende Rolle, auch die
psychologische Wirkung war nicht zu unterschätzen.
Nicht selten ergriffen Fußtruppen die Flucht, nur weil sie nicht unter die Hufe der heranstürmenden Reiterei geraten wollten.
Infanterieeinheiten konnten auch nicht so schnell die Position wechseln wie die Kavallerie.
Mit massiven Reiterattacken ließen sich die Fußtruppen einfach niederreiten oder auseinandertreiben.
Allerdings sah die Situation ganz anders aus, wenn sich die Reiterei einer gegnerischen Phallanx aus langen Piken gegenüber sah.
Während des
Gempei-Krieges,
( 1180-1185 ) stieg der Bedarf an guten Kriegspferden. In diesen Auseinandersetzungen erlangten auch einige Pferde große Berühmtheit, wie zum
Beispiel
Ikezuki und
Surusumi.
Der japanische Sattel (
Kura ) war aus Holz und hatte eine Art Rückenlehne, die dem Reiter auch freihändig, z.B. beim Bogenschießen,
sichern Halt
geben sollte. Ebenfalls eine ganz eigene Gestalt hatten die japanischen Steigbügel (
Abumi ), mit ihrer kufenartigen Form unterschieden
sie sich sehr von den Steigbügeln wie sie in Europa in Gebrauch waren.
Musste der Samurai beide Hände für den Kampf frei haben, wurden die Zügel an einer speziellen öse an der Rüstung befestigt.
Wie bei den europäischen Rittern, kannte man auch in Japan Pferderüstungen wie Helme und schwere Umhänge,
die gegen Pfeile auch einen gewissen Schutz boten, jedoch wurde solche Panzerung nur vereinzelt eingesetzt.
Solche Schutzausrüstungen waren nicht nur sehr teuer, sondern behinderten das Reittier auch erheblich in seiner Bewegungsfreiheit.
Sehr beliebt war statt dessen, dass Zaum- und Sattelzeug mit großen, farbigen Bommeln und Quasten zu schmücken.
Auf dem Sattel, den Steigbügeln und der Pferdedecke (
Kiritsuke ) war das Wappen des Besitzers angebracht.
Pferde sind sehr verwundbar und konnten im Schlachtgetümmel schnell in Panik geraten. Sie sind von Natur aus eher schreckhaft
und zudem Fluchttiere. Ohne ein spezielles Training war ein Pferd in der Schlacht nutzlos.
Eine solche Ausbildung konnte 3 bis
5 Jahre dauern.
Kanonendonner, Musketensalven, Feuer und beissender Qualm, aber auch die Schreie der Kämpfer konnten ein unerfahrenes Reittier
schnell ausser Kontrolle geraten lassen.
Ein Pferd was diese Hölle überstanden hatte, war nicht selten völlig
traumatisiert.
Gegnerische Fußsoldaten nahmen meist wenig Rücksicht auf die bedauernswerten Tiere und bekämpften sie, ebenso wie die Reiter,
mit allen zur Verfügung stehenden Waffen.
Um den feindlichen Reiter zu Fall zu bringen und die eigene Haut zu retten, war jedes Mittel recht.
Im Vorfeld von Befestigungsanlagen brachten Fallstricke, Fallgruben und andere Stolperfallen jeden Reiterangriff ins Stocken.
Im Nahkampf schlug man dem Pferd mit der
Naginata (Schwertlanze) oder dem Langschwert die Beine ab oder durchtrennte die Sehnen.
Mit dem massiven Einsatz von Feuerwaffen gegen Ende der
Sengoku-Periode war auch die große Zeit der Samurai-Kavallerie vorbei.
Oda Nobunaga setzte in der Schlacht von
Nagashino, über zweitausend Schützen gegen die gefürchtete Kavallerie des
Takeda-Clan ein. Die heranstürmenden Elitereiter fanden ihr Ende im massiven Kugelhagel der feindlichen Arkebusen-Schützen
die in drei Reihen abwechselnd feuerten.
Kavallerie-Einheiten wurden jedoch weiterhin erfolgreich eingesetzt, nur die Taktik änderte sich grundlegend.
Hinter Schützenreihen wartete die Reiterei auf ihren
gezielten Einsatz gegen eine ungeschütze Flanke des Gegners oder die nachladende Artillerie.
Blitzschnell konnten die Reiter vorstoßen, die Position wechseln und die empfindlichsten Stellen des feindlichen Heeres angreifen.
Das Pferd als Kultobjekt
Eine nicht unbedeutende Rolle spielt das Pferd auch in der japanischen Mythologie und in shintoistischen Ritualen.
Bei vielen Kulthandlungen und Festen oder bei Fruchtbarkeitsritualen, werden Nachbildungen von Pferden als Opfer dargebracht.
In alten Zeiten wurden in einigen Gegenden gelegentlich auch lebendige Pferde geopfert.
So zum Beispiel, wenn in Dürrezeiten um den lebensnotwendigen Regen gebeten wurde.
Zu verschiedenen Anlässen, wurden den
Shinto-Schreinen besondere schwarze oder weiße Pferde als Opfergabe dargebracht.
Solche Anlässe konnten beispielsweise Stürme oder Erdbeben aber auch Thronbesteigungen sein.
Diese Pferde wurden nicht getötet, sie lebten auf den zum Schrein gehörenden Weiden und wurden als "heilige" Pferde
( jap.
Shimme oder
Shinme ) gehalten.
Bei den jährlichen Festlichkeiten führten die Schreine geschmückte Pferde in ihren Prozessionen mit oder veranstalteten Pferderennen.
Besonders bekannt ist das Pferderennen von
Kamo, dass auf eine lange Tradition zurückblickt und sich bis heute erhalten hat.
Im Mittelpunkt solcher Schrein-Pferderennen stand jedoch nicht der Sieger, sondern die galoppierenden Pferde, die mit ihren Hufen die Erde
fruchtbar machen sollten.
Im 14. Jahrhundert, mit dem Beginn der
Muromachi-Zeit, ging die Haltung der Schrein-Pferde langsam zurück. Die lebendigen Pferde wurden
mit der Zeit durch hölzerne Pferdefiguren ersetzt.
Bei einigen religiösen Festen wurden geschnitzte Holzpferdchen, Stroh- oder Papierpferdchen geopfert.
Pferde galten als Reittiere bestimmter Gottheiten, die bei ihrem Abstieg auf die Erde, hin und wieder Hufabdrücke in Steinen hinterließen.
Solche Hufabdrucksteine wurden verehrt und sind in einigen Gegenden bis heute zu bewundern. Ebenso wurden Bäume verehrt, an denen
mythische Krieger einst ihre Schlachtrösser angebunden hatten.
Die japanischen Pferde-Rassen
Kiso-Pferd
Herkunft: Quellgebiet des
Kiso
Stockmaß: bis 138 cm
Verwendung: als Arbeitspferd in der Landwirtschaft, im Transport und für militärische Zwecke
Das
Kiso-Pferd lebt seit über 1.000 Jahren in Japan. Seine genaue Herkunft und die der anderen alten japanischen Rassen ist
unsicher. Es wird angenommen, dass sie entweder von den Plateaupferden Persiens oder vom Mongolen-Pferd abstammen.
Miyako-Pony ( Miyako-Shima-Pony )
Herkunft: Insel
Miyako, eine der
Ryukyu-Inseln
Stockmaß: ca. 148 cm
Verwendung: Reiten, landwirtschaftliche Arbeit
Die Insel
Miyako ist seit Jahrhunderten für ihre Pferdezucht bekannt; während des 2. Weltkriegs wurden
Hengste großer Rassen zur Zucht verwendet,
um das bis dahin kleine
Miyako größer zu machen;
Hokkaido-Pony ( Dosanko )
Herkunft/Ursprung: Mongolei, Mongolen-Pony und chinesische Rassen
Stockmaß: 130 bis 135 cm
Verwendung: Reit-, Packpferd, landwirtschaftliche Arbeit
Diese Ponys haben ihre heutige Heimat auf
Hokkaido, ihre Vorfahren kamen aus Nordchina über Korea nach Japan.
Es waren Mongolen-Ponys, welche sich auf ihren Weg mit chinesischen Ponyrassen vermischten.
Sie wurden sowohl als Reittiere wie auch als Lastenträger genutzt.
Sie finden in vielen traditionellen Reiterspielen Verwendung.
Misaki-Pony
Herkunft: südlich vor
Misaki
Stockmaß: um 135 cm
Verwendung: keine wirtschaftliche Bedeutung
Alte japanische "Primitivrasse"; Abstammung geht auf chinesische Pferde zurück, die zur Zeit der
Jomon-Kultur
nach Japan kamen. Die wildlebenden Pferde und werden weitgehend sich selbst überlassen.
Yonaguni-Pony
Herkunft: Insel
Yonaguni, im Südwesten Japans
Verwendung: landwirtschaftliche Arbeit
Die kleinen Ponys haben einen freundlichen Charakter, gutes Temperament und sind sehr stark und ausdauernd.
Über den Ursprung des
Yonaguni-Ponys ist wenig bekannt. Wie bei den anderen kleineren Rassen geht man davon aus,
dass sie schon vor über 2000 Jahren, unter anderem aus Südkorea, auf die japanischen Inseln kamen.
Tokara-Pony
Herkunft: Insel
Takara
Stockmaß: 110 bis 120 cm
Verwendung: Reiten, landwirtschaftliche Arbeit
Wohl eine der ältesteten Ponyrassen Japans mit starkem Einfluss des Mongolenpferdes.
Sie sind heute vom Aussterben bedroht und zum "nationalen Erbe" erklärt worden.
Taishuh
Herkunft: Insel
Tsu
Stockmaß: 110 bis 120 cm
Verwendung: leichtes Zug- und Reit-Pony
Der Charakter ist freundlich und willig.
Die Wurzeln dieser alten Rasse reichen bis in das 8. Jahrhundert zurück.
1920 bevölkerten noch 4000 Ponys die Insel, doch der Bestand ist heute auf 65 Tiere zurückgegangen.
Anmerkung: Als Pony bezeichnet man in der Regel Pferde die kleiner sind als 148 cm Widerrist (der erhöhte Übergang vom Hals zum Rücken bei Vierbeinern)